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Donnerstag | 22. April 2021

Klasse für Zeitbasierte Kunst der HfK Bremen beim EAMF in Osnabrück

Subversive Nutzung der analogen Oberflächen vergangener Interaktionsräume der Kunst

Studierende von Julika Rudelius, Professorin für Zeitbasierte Medien, stellen beim 34. European Media Art Festival (EMAF) in Osnabrück aus.

Das Festival sollte Kulturorte in Osnabrück sowie die historische Innenstadt an der Hase mit Videoprojektionen und -installationen umfangreich beleben. Dank der sogar für Freiluftveranstaltungen geltenden Kulturverbotspolitik des Infektionsschutzgesetzes findet die diesjährige Ausgabe vornehmlich online statt – 110 Filme aus 31 Ländern sind auf der EAMF-Plattform zu sehen, zusätzlich auch Künstler*innengespräche, Live-Talks und Einblicke in die Ausstellungen zum Festivalschwerpunkt „Possessed“. Die Sektion „Campus“ zeigt eine Auswahl aktueller Arbeiten, mit denen sich Fächergruppen der Medienkunst von europäischen Kunsthochschulen in Wort und Bild aus der Corona-Isolation melden. Mit dabei ist die Klasse für Zeitbasierte Kunst der HfK Bremen. Videos werden bis zum 2. Mai hier gestreamt, vor Ort ist ein Blick auf die installative Arbeit zu sehen bis zum Abend des 28. Aprils durch die Fenster der Gesellschaft für zeitgenössische Kunst Osnabrück, Hase 29 an der Hasestraße 29-30.

Ausstellungsort für die HfK-Studierenden: Gesellschaft für zeitgenössische Kunst Osnabrück. © Julika Rudelius

Zum Konzept ihrer Gemeinschaftsausstellung haben die Studierenden in den Festivalkatalog geschrieben: „Die Suche nach Ausdruck, ist eine Suche nach Verortung in der Welt. Wie kann das in einer Welt der Erfahrungslosigkeit gelingen? Wie kann man als junge Künstler:in mitdenken, dass es vielleicht nie mehr so sein wird, wie es für uns noch nie war? 
Obwohl sich das Leben verlangsamt hat, müssen wir immer schneller denken, wenn wir unsere künstlerische Praxis sichtbar machen wollen: Forcierte Beschleunigung der Ideen und Skizzen, because we are shooting on a moving target, täglich ändern sich die Zahlen, die Zugänge und das Publikum. Die Kunsträume sind verschlossen, die Öffentlichkeit wurde suspendiert. Übrig bleibt das Digitale, oder die analogen Oberflächen vergangener Interaktionsräume, Schaufenster. Diese Orte gilt es subversiv zu nutzen. Eine Zeichnung von dem, was sein könnte, wenn es wieder wird, wie es noch nicht gewesen ist.“

Das ständige Hin und Her der Coronapolitik, die Folgen für das EMAF und die Schau der HfK-Studierenden veranlasste diese, ihre Gedanken zum ständigen Neuplanen niederzuschreiben. Hier ihr Text: „Die Einladung beim EMAF in Osnabrück auszustellen erreichte uns in einer anderen Welt. Wir sagten zu, denn das ist es ja, was wir wollen: hinaus in die Welt und unsere Arbeiten sichtbar machen. Osnabrück ist nur der Anfang. Im Haus der Jugend ausstellen, ja gut, machen wir. Ach nein, doch im nun verwaisten Wareneinkaufshaus, das ist vielleicht besser. Ja aber nun, die Welt spielte nicht mit: keine Besucher mehr möglich, es wird eine Ausstellung in den Schaufenstern sein. Und dann, tja, spielte der Investor nicht mit: Umzug in die Gesellschaft für aktuelle Kunst, Hase29. Naja, da gehören wir doch auch eigentlich hin. Das Publikum weiterhin nur draußen. Und jetzt: Los! Ihr habt noch vier Wochen! 
Für jeden Ort wurden Ideen entwickelt, Konzepte geschrieben, wurde sich Arbeit gemacht. Stundenlang schauten wir in unsere Bildschirme, um miteinander zu sprechen, zu diskutieren, was geht und was nicht. Warfen alles um und setzten es wieder zusammen. Verzweifelten und bissen uns durch.
Dieser Prozess der Umstände ist eine allgemeingültige Erfahrung. Nicht nur wir mussten uns im letzten Jahr immer wieder neu organisieren, neue Hoffnung sammeln und Ideen beiseitelegen. Nicht nur wir mussten Strategiegespräche bei schlechten Internetverbindungen – Hört ihr mich? Ich mach mal die Kamera aus!– führen. Nicht nur wir sind an der Vereinzelung manchmal fast verzweifelt.
Und nun sieht man im Hase29, in Osnabrück,– die Fahrt zum Aufbau war so aufregend wie die früheren Reisen – eine Installation. Entgegen der Vereinzelung, entgegen der Frustration haben wir den Prozess der Umstände ausgestellt, eine Variation des Scheiterns, ein Versuch die Enden, die wir nicht zu Ende führen konnten, sichtbar zu machen. Und man sieht dies als eine gemeinsame Arbeit, die von einer Zukunft träumt.
Sie ist ein Versprechen: auf diese Enden kommen wir zurück. Unter anderen Bedingungen.“