Apply Now!

Integriertes Design Master: Bewerbungszeitraum für das Sommersemester 2025: 1.12.2024–13.1.2025

More information
News
Wednesday | 16 December 2020

Was macht eigentlich: Melanie Franz-Özdemir

Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Qualitätsmanagemen

In unserer Rubrik „Was macht eigentlich…?“ erzählen Hochschulangehörige von und über ihre Arbeit.

Was ist Ihr Werdegang und seit wann sind Sie an der HfK?

Nach einem Studium in Kultur- und Musikwissenschaft sowie Germanistik an der Universität Bremen war ich freiberuflich in den Bereichen Musikvermittlung, Kulturmanagement und Evaluationsforschung tätig. Von 2009 bis 2012 leitete ich ein Forschungsprojekt der empirischen Bildungsforschung an der Technischen Universität Braunschweig. Darin ging es um eine begleitende Evaluation des Programms „Jedem Kind ein Instrument“ (JEKI) in NRW und Hamburg mit Fokus auf der interprofessionellen Kooperation zwischen Grund- und Musikschullehrkräften. Für die Hochschule für Künste arbeite ich seit Mai 2012 und bin hier Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Qualitätsmanagement und Evaluation im Fachbereich Musik und lokale Koordinatorin für das Netzwerk Musikhochschulen – einem Projekt des Qualitätspakt Lehre, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Was beinhaltet Ihre Arbeit? Was kann man sich unter Qualitätsmanagement und Evaluation vorstellen?

Unter Qualitätsmanagement (QM) kann man sich eine Zusammenstellung von Verfahren, Instrumenten, Prozessen u.ä. vorstellen, mit deren Hilfe die Qualität – im Falle von Hochschulen ist das im Wesentlichen die Qualität von Studium und Lehre – auf verschiedenen Ebenen systematisch weiterentwickelt werden kann. Einen zentralen Baustein im QM an Hochschulen machen Evaluationen aus. Hier liegt auch einer meiner Arbeitsschwerpunkte im Rahmen des Netzwerks Musikhochschulen. Als das Netzwerk 2012 als Zusammenschluss von zwölf deutschen Musikhochschulen antrat, waren strukturierte Evaluationen an Musikhochschulen nicht weit verbreitet und hatten den Charakter von kleinen Pilotversuchen. Ein Ziel des Netzwerks und damit auch meiner Arbeit war und ist es, musikhochschulspezifische Evaluationsverfahren zu entwickeln, also Verfahren, die die spezifischen Lerninhalte, -formate und Rahmenbedingungen von Musikhochschulen berücksichtigen. Mit diesen Evaluationen wird es dann möglich, systematisch erkenntnisorientierte Daten aus der Lehre zu gewinnen und darauf aufbauend in dialogischen Prozessen die Lehrqualität zu verbessern.
Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit und der des Netzwerks ist die Lehrentwicklung, was im Wesentlichen Fortbildungsangebote für Lehrende beinhaltet. Wir haben z. B. das erste deutsche Lehrzertifikat für Musikhochschulen entwickelt. Ein großer Vorteil bei meiner Arbeit ist die Zusammenarbeit und der Austausch mit meinen Netzwerkkolleg:innen.

Was sind die Besonderheiten und Spezifika im Fachbereich Musik, auf was muss besonderes Augenmerk gerichtet werden?

Vergleicht man die Lehre an Musikhochschulen mit der in wissenschaftlichen Fächern an Universitäten wird schnell deutlich, wo die Besonderheiten eines Musikstudiums liegen. Im Gegensatz zu Massen-Vorlesungen finden bei uns die Lehrveranstaltungen in kleinen Gruppen statt und ermöglichen damit ganz andere Formen der Interaktion und des Lernens. Die Lehre kann allein durch diese Gruppengröße viel individueller und praxisorientierter gestaltet werden als anderswo. Praxisorientierung ist überhaupt auch das nächste Stichwort. Während Universitäten sich seit Jahren bemühen, ihre Studiengänge praxisorientierter zu gestalten, ist das seit jeher ein inhärenter Bestandteil des Musikstudiums, so z. B. im Einzelunterricht und in den vielen Projekten der künstlerischen Praxis. Und im Einzelunterricht liegt natürlich die ganz spezielle Besonderheit des Studiums. Er ist sozusagen die Krone des individuellen Lernens und ermöglicht die Spezialisierung auf einem Instrument oder der Stimme. Er bildet den Kern der künstlerischen Entwicklung der Studierenden hin zur musikalischen Exzellenz. Und dann ist da noch die ausgeprägte Heterogenität und Diversität der Studierenden- und Lehrendenschaft als Besonderheit zu nennen.
Aus diesen Besonderheiten leiten sich dann auch die Anforderungen für Evaluationen ab. Die Bewertungskriterien, aber auch die Formate der Befragung müssen angepasst werden. Insbesondere durch die kleinen Gruppen ergibt sich die Notwendigkeit eher dialogorientierte Verfahren einzusetzen statt der traditionellen Massenbefragungen mit anonymen Fragebögen. Aber genau darin liegt auch eine große Chance für die Lehrentwicklung, da sie den direkten Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden über die Lehre befördern. Ich verstehe Evaluationen nicht als kontrollierendes Element, sondern als Instrument der Lehrentwicklung.

Sie haben jüngst eine Studierendenbefragung zur digitalen Lehre im Sommersemester 2020 – sowohl aus dem Fachbereich Musik als auch aus dem Fachbereich Kunst und Design – durchgeführt. Was waren die Ergebnisse?
Durch Corona musste im Sommersemester die Lehre fast ausschließlich digital stattfinden. Dies stellte die Hochschule natürlich vor enorme Herausforderungen. Mit der Befragung – übrigens auch der Lehrenden – wollte ich eine Datenbasis zum Status Quo der digitalen Lehre bieten und Entwicklungspotenziale für die Zukunft aufzeigen. Dabei wollte ich auch herausfinden, wie eine kunst- und musikspezifische Digitalisierung der Lehre aussehen könnte, denn hier gilt das gleiche wie bei den Evaluationen: Eine 1:1-Übertragung von Konzepten aus wissenschaftlichen Fächern ist nicht sinnvoll oder erfolgsversprechend. Sie müssen angepasst oder neu entwickelt werden.

Bei der Befragung zeigte sich, dass insbesondere der Einzelunterricht im Fachbereich Musik nicht adäquat online über Videokonferenzen abgebildet werden kann. Insbesondere die klanglichen Einschränkungen waren zu groß, so dass der Lernerfolg geringer war als beim Präsenzunterricht. Und natürlich fehlte vielen Studierenden der Zugang zu den Überäumen. Im Fachbereich Kunst und Design waren es die Ateliers und Werkstätten, die den Studierenden fehlten, um adäquat künstlerisch arbeiten zu können. Und eine Präsentation der eigenen Arbeit mit Kameras war auch nur eingeschränkt möglich. Besonders schmerzlich vermisst hat die Mehrheit der Studierenden aus beiden Fachbereichen während des digitalen Semesters die Interaktion und den gemeinsamen Austausch. Trotz alledem gab es durchaus auch positive Rückmeldungen. Positiv bewertet wurden zum Beispiel Lehrveranstaltungen im „Blended-learning-Format“ – einer Mischung aus synchronen und asynchronen Lehrmethoden – , die Aufnahme von Videos der Musikstudierenden, die dann im Einzelunterricht besprochen wurden, der gemeinsame Datenspeicher in Teams und die allgemein zu beobachtende Verbesserung in der Pünktlichkeit beim Onlineunterricht.

Wird es nächste Schritte geben? Wie könnte die digitale Lehre verbessert werden?

Natürlich sollten auf die Befragung nun auch Follow-Up-Maßnahmen folgen. Die Frage ist, wie es in Zukunft weitergehen und wie eine kunst- und musikhochschulspezifische digitale Lehre aussehen kann. Klar ist auch, dass diese eine praxisorientierte Lehre nicht adäquat ersetzen kann, aber es gibt durchaus Anknüpfungspunkte für eine digitale Unterstützung bzw. Ergänzung. 

Einige Gremien und einzelne Lehrende haben sich bereits mit den Ergebnissen auseinandergesetzt und sind mit ihren Studierenden in einen Dialog getreten. Auch die Hochschulleitung hat bereits viel getan, z.B. im Hinblick auf Anschaffungen zur Unterstützung der Online-Lehre oder das Schaffen von Raumkapazitäten.

Was hat sich an der HfK verändert seitdem Sie da sind?

Viele Lehrende wussten zu Beginn meiner Tätigkeit nicht, wie man Evaluation für die Lehre einsetzen und nutzen kann und waren skeptisch. Durch die Präsentation von Evaluationsergebnissen und der Initiierung von Follow-up-Maßnahmen konnte ich zeigen, dass auch an Musikhochschulen Evaluationen zu einem Mehrwert für die Lehre führen können. Mittlerweile kommen Lehrende auch von sich aus auf mich zu und wollen ihre Veranstaltungen evaluieren lassen. Es hat sich einiges bewegt, aber das heißt nicht, dass es nichts mehr zu tun gäbe.