Kunst und Design
Florian Wüst
Allgemeine Wissenschaften
- Study programme Integriertes Design
- Email fwuest@hfk-bremen.de
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- Ich habe noch nie Nüsse gepflückt, aber trotzdem esse ich fast jeden Tag welche „In dem Film TVM sprechen 606 Menschen einen von Thomas Wittenburg und mir verfassten Text. Extreme Arbeitsteilung scheint den Einfluss des Einzelnen zu eliminieren und stattdessen den Pro-duktionsprozess nach den Interessen des Kapitals oder anderer ‚fremder Mächte‘ auszurichten. Eine Quelle des Unbehagens für fast alle, die heute produktiv sind. Die Lösung dieses Konflikts ist je-doch nicht nur eine Frage der Macht, sondern auch eine Frage des Wissens. Es verdichtet sich der Verdacht, dass auch die Mächtigen in erster Linie nur funktionieren. Die Herstellung des Films war ein extrem arbeitsteiliger Prozess. Auch die Herstellung eines Trockenrasierers oder Staubsaugers ist ein extrem arbeitsteiliger Prozess. Für den Verbaucher ist dieser Umstand jedoch unerheblich. Mit dem Film ist es uns gelungen, den Umstand der Arbeitsteilung bei der Herstellung zum we-sentlichen Moment der Anmutungsqualität des fertigen Produkts zu machen. Auf der Ebene der materiellen Produktion ist ein solcher Vorgang reine Utopie. Das Medium Film aber ermöglicht uns, wenigstens Teilaspekte dieser Utopie sinnlich zu erfahren.“ (Hellmuth Costard, 22. November 1973) „Teilweise von mir – Ein Volksstück“ (1973, 55 min) ist eines der weniger bekannten Werke von Hellmuth Costard (1940 – 2000), Filmregisseur, Mitgründer der Hamburger Filmmacher Cooperati-ve und Enfant terrible des Neuen Deutschen Films der 1960/70er Jahre. Der vor allem im städti-schen Raum auf Super-8 gedrehte Film zeichnet ein Gesellschaftsporträt der besonderen Art: ein kollektiver Monolog über Geld, Arbeit, Beruf und Alltag im (westdeutschen) Kapitalismus. Mit Humor und Situationskomik stellt „Teilweise von mir“ die großen politischen, sozialen und wirt-schaftlichen Fragen, die das moderne Leben bestimmen. In „Ich habe noch nie Nüsse gepflückt, aber trotzdem esse ich fast jeden Tag welche“ dient „Teil-weise von mir“ als Inspirationsquelle für die Konzeption und Realisierung kurzer experimenteller oder dokumentarisch-essayistischer Filmprojekte. Es sollen gestalterische Mittel gefunden werden, die Costards inhaltlichen und formalen Ansatz in die Gegenwart digitaler Kultur, der sozialen Me-dien sowie einer in vielerei Hinsicht diverseren Gesellschaft übersetzen und aktualisieren. In den 1970er Jahren war die Manipulation durch Werbung ein wichtiges Thema, heute setzen wir uns mit Big Data, Fake News, Filterblasen und der Aneignung einer traditionell linken Kritik an den Mainstream-Medien durch rechte Bewegungen auseinander. Was macht die am filmischen Produk-tionsprozess Beteiligten zu politischen Subjekten? Wie verhalten sich Menschen vor der Kamera? Die Super-8- oder Videokamera (am Auge) ist längst der Handykamera (am Selfie-Stick) gewichen, während Computeranimation und Bildschirmaufzeichnung ganz ohne Kamera auskommen. Wer schaut? Wer wird wie von wem gesehen? Wer spricht? Der siebenwöchige Kurs umfasst sowohl Praxisübungen als auch Theorieeinheiten in Form diskursi-ver Inputs und gemeinsamer Sichtungen von Filmen und Videos, unter anderem von Paul Garrin, Daphne Hérétakis und Kerstin Honeit. Diese unterstützen die Erlangung künstlerischer Entschei-dungskompetenzen im komplexen Arbeitsbereich des bewegten Bildes. Einführungen in Schnitt-programme, Kamera- und Tontechnik werden in Kurzworkshops angeboten. Wir legen ein besonde-res Augenmerk auf die Position und Handhabung von Kamera und Mikrofon im filmischen Produk-tionsprozess und beschäftigen uns mit der Bedeutung der medientechnischen Veränderungen seit der Erfindung des Films vor 130 Jahren für die Herstellung einer demokratischen Gegenöffentlich-keit. Die Abschlusspräsentation der im Kurs erarbeiteten filmischen Ergebnisse soll im Rahmen einer öf-fentlichen Veranstaltung außerhalb der HFK stattfinden, die von den Beteiligten organisiert und gestaltet wird.
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