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Bewerbungszeitraum für das Sommersemester 2025: 1.11.2024–8.12.2024

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Was macht eigentlich…?

In unserer Rubrik „Was macht eigentlich…?“ erzählen Hochschulangehörige von und über ihre Arbeit.

© Luiz Zanotello

Luiz Zanotello, Medienkünstler und Doktorand im binationalen Artistic PhD-Programm an der HfK Bremen in Kooperation mit der Universität Leiden und der Academy of Creative and Performing Arts in Den Haag

Luiz, du bist derzeit Doktorand im binationalen Artistic PhD-Programm. Warum hast du dich für dieses Programm entschieden?

Luiz: Was mich angesprochen hat, war die Möglichkeit, meine künstlerische Arbeit und meine Forschungskompetenzen in einem praxisorientierten Promotionsprogramm weiter auszubauen. Während andere deutsche Promotionsprogramme eine praktische Komponente haben, ist die starke Betonung der künstlerischen Praxis und ihr integraler Platz innerhalb der Doktorarbeit recht einzigartig an der HfK. Natürlich hat mich auch die Möglichkeit einer binationalen Promotion gereizt, und ich wollte unbedingt die Kooperation mit dem PhDArts-Programm der Universität Leiden und Royal Academy of Art in Den Haag wahrnehmen. Ich finde es sehr spannend, zu den ersten Doktoranden an der HfK zu gehören und die Entwicklung des Programms zusammen mit meinen Kolleg:innen, deren Arbeit ich bewundere, zu begleiten. Ich schätze es auch, meine Forschung mit Prof. Dr. Andrea Sick zu vertiefen, die eine meiner Betreuerinnen während meines Masterstudiums an der HfK im Jahr 2017 war.

Was bedeutet es, sich der künstlerischen Praxis durch künstlerische Forschung anzunähern? Und woher stammen deine Ideen?

Luiz: Künstlerische Forschung als akademischer Bereich hat eine recht junge Geschichte, obwohl die Verbindung zwischen Kunst und Forschung schon sehr lange besteht. Ich betrachte sie als einen Forschungsrahmen, in dem die eigene künstlerische Praxis darauf abzielt, Wissen zu erwerben (zu generieren? zu formen? zu vervielfältigen?). Das heißt, es handelt sich um ein forschungsbasiertes Unterfangen, bei dem wir oft mit einer Forschungsfrage beginnen, in die wir tiefer eintauchen möchten. Dann untersuchen wir unsere eigenen Praktiken und decken die darin eingebetteten Erkenntnisse oder das Wissen , das als Folge einer solchen Praxis entsteht, auf. Während jede künstlerische Praxis eine Form der Erforschung ist, geht die künstlerische Forschung tiefer und befasst sich mit dem erkenntnistheoretischen Aspekt unserer Arbeit – dem Wissen, das in einem breiteren Rahmen geteilt, verhandelt und diskutiert werden kann. 

Ich nähere mich dem Thema vom Standpunkt der neuen Medienkunst aus, insbesondere durch die Praktiken der Techno-Imagination, die in einem solchen Feld eingebettet sind. Ich habe im Besonderen ein Verständnis für den Prozess der Übersetzung und den Begriff der Distanz durch eine auto-ethnographische Perspektive entwickelt. Dieser letzte Begriff ist zwar kryptisch, aber er beantwortet die zweite Frage: Meine Ideen entspringen meiner gelebten Erfahrung – als Migrant, als Künstler, als Forscher, aber manchmal auch als Trauernder, als Dichter, als Verbündeter. Sie entspringen darüber hinaus der Betrachtung größerer kultureller Phänomene aus solchen partiellen Perspektiven.

Du hältst dich derzeit in Portugal auf. Was genau machst du dort während deiner aktuellen Residency?

Luiz: Der zweimonatige Aufenthalt ist Teil der European Media Art Platform, einem Netzwerk aus 16 führenden europäischen Medienkunstorganisationen. Der Aufenthalt wird in einer Einzelausstellung gipfeln, in der ich eine neue Transmedia-Installation präsentiere, die am 4. Oktober eröffnet wird und anschließend in verschiedenen Institutionen des Netzwerks zu sehen sein könnte. In meinem Projekt habe ich die Mehrdeutigkeit der Sprache in den Medien erforscht und wie Zeit und Wetter über eine gewisse Entfernung als Bilder übersetzt werden können.

Eines deiner Kunstwerke ist in der diesjährigen Personal Structures Biennale in Venedig zu sehen. Wie ist dieses Werk entstanden?

Luiz: Letztes Jahr haben meine Kolleg:innen aus dem binationalen Artistic PhD-Programm der HfK an einer kurzen Residency mit dem Titel Crystal Room in der GAK teilgenommen. Diese gipfelte für mich in einer Ausstellung und einer Performance während der Langen Nacht der Museen in Bremen. In dieser Performance habe ich meine Stimme in Licht übersetzt, damit sie materiell die Weser überqueren kann. Das Publikum auf der gegenüberliegenden Seite konnte nur meine Stimme hören, als sie sich über die Kluft zwischen mir am Ufer und dem Publikum in der GAK veränderte.

Als ich zur Personal Structures Biennale eingeladen wurde, die vom Europäischen Kulturzentrum (ECC) organisiert wurde, hatte ich die Möglichkeit, zwischen zwei Balkonen zu arbeiten. Ich sah dies als Gelegenheit, dort weiterzumachen, wo ich bei meiner Performance aufgehört hatte. Künstlerisch wollte ich erforschen, was in diesem Zwischenraum passiert; außerdem wollte ich herausfinden, was mit der Sprache geschieht, wenn sie eine solche Distanz zwischen den Medien überquert.

Deine Arbeit scheint sich stark auf den Prozess der Übersetzung von Sprache aus der metaphysischen Welt in den Materialismus zu konzentrieren …

Luiz: Absolut. Übersetzungen spielen eine zentrale Rolle in meiner Doktorarbeit. Ich habe festgestellt, dass die Sprachen, die ich verwende, Einfluss darauf haben, wie ich die Welt verstehe, wahrnehme und mir vorstelle. Wir alle wissen, dass ein Übersetzungsvorgang ein Moment ist, in dem etwas verloren gehen aber auch etwas geschaffen werden kann. Wenn ein Buch übersetzt wird, wird die übersetzende Person zum integralen Bestandteil des Werks – ein/e Schöpfer:in neben der Originalautorenschaft. Diese Momente der Übersetzung faszinieren mich. Es ist ein fortlaufender Prozess, bei dem Gedanken in Bilder und Worte übersetzt werden, ähnlich wie das Licht unsere Augen erreicht und einen langen Übersetzungsweg durchläuft, bis wir es interpretieren können. Auch jetzt, während ich spreche. Aber das ist wirklich nur die Spitze des Eisbergs.

Du hast kürzlich eine Promotionsförderung der Studienstiftung des Deutschen Volkes erhalten – herzlichen Glückwunsch! Hast du dich mit einer bestimmten Projektidee beworben, und was planst du mit diesem Stipendium zu tun?

Luiz: Vielen Dank! Das Bewerbungsverfahren war sehr umfangreich und erforderte unter anderem ein detailliertes 20-seitiges Exposé meines Forschungsprojekts. Meine Hypothesen und Forschungsfragen haben sich aber  im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Ursprünglich habe ich mich mit dem Thema des Abgrunds in der Kunst/Wissenschaft und der Methode der kritischen Autoethnographie beschäftigt.

Mit der Zeit habe ich mich auf die bereits erwähnten Themen Techno-Imagination, Übersetzung und Distanz konzentriert. Es ist ein spannender, aber auch sehr herausfordernder Prozess, da ich zeitgleich eine poetisch-subjektive und eine wissenschaftlich-objektive Perspektive einnehme. Ich habe noch etwa zwei Jahre Zeit, um das Projekt abzuschließen, und ich bin gespannt, wohin mich diese Reise führen wird. Letztendlich hoffe ich, genügend Erkenntnisse zu sammeln, die nicht nur zu meiner eigenen persönlichen Entwicklung voranbringt, sondern auch für das Kollektiv wertvoll sein kann und zu weiterführenden Wissensgebieten beitragen. Das Stipendium ermöglicht es mir, genügend Zeit dafür zu haben. Ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin.

Was steht als nächstes auf deiner Agenda?

Luiz: Ich konzentriere mich derzeit auf den Abschluss meiner Promotion, aber das beinhaltet auch die Präsentation meiner künstlerischen Arbeit auf dem Weg dorthin. Neben dem Aufenthalt und der Einzelausstellung bei gnration in Braga, die für Oktober geplant sind, bin ich Teil der Gemeinschaftsausstellung "Hydromedia" in der Städtischen Galerie Karlsruhe im Juli sowie in den Technischen Sammlungen Dresden im November. Ende des Jahres bin ich mit meinem Promotionsprojekt auch Teil einer Gemeinschaftsausstellung im Silent Green Kulturquartier in Berlin. Darüber hinaus steht im September ein weiteres spannendes Projekt an: Als ich vom ECC eingeladen wurde, die Ausstellung auf der Personal Structures Biennale zu machen, schlug ich vor, dass wir auch eine Summer School für unser PhD-Programm zu organisieren. So wurde meine Einladung um die Summer School erweitert, die ich zusammen mit Prof. Dr. Andrea Sick und Icaro López de Mesa Moyano kuratiere. Sie findet vom 12. bis 14. September im Rahmen der Personal Structures Biennale statt und trägt den Titel "Scenes of Transformation and Resistance: Performing in Artistic Research". Der Fokus liegt auf Performance als Forschungsmethode durch eine Vielzahl von intersektionalen Ansätzen. Wir laden alle HfK-Mitglieder herzlich zur Teilnahme ein! Im nächsten Sommersemester werde ich vielleicht auch wieder unterrichten. Spannende Dinge, aber ich sehe wirklich schon das Ende meiner Promotion am Horizont – und das bringt auch eine gewisse Erleichterung mit sich.

Vielen Dank für das Gespräch!

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  • Wenzel Stählin und Anja Engelke, die Leiter:innen der HfK-Fotowerkstatt
  • Jan Charzinski – Bibliothekar der Teilbibliothek Kunst und Design
  • Christina Scheib – Kuratorin der "MS Dauerwelle" und des Speichers XI A
  • Erwan Tacher und Tom Voss – Kuratoren Open-Space-Programm
  • Prof. Patrick O'Byrne – Dekan Fachbereich Musik
  • Yvonne Westdörp und Hubert Notzon – Security Service
  • Sue Wendlandt – Projektmanagement Website-Launch
  • Melanie Franz-Özdemir – Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Qualitätsmanagement und Evaluation im Fachbereich Musik
  • Bissan Badran – Language Assistance
  • Frank Zühlke – Dezernat 5 Controlling und IT
  • Karl-Robert Strecker – Leitung Modellbauwerkstatt