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Montag | 29. Januar 2024

Das Pathetische, Lyrische, Komische mit Charme und großer Lebendigkeit hörbar machen

„Il matrimonio segreto“: Das erste Opernprojekt der HfK Bremen im Speicher XI A
Dirigent Marco Comin ist Musikalischer Leiter des Opernprojekts.
Dirigent Marco Comin ist Musikalischer Leiter des Opernprojekts. © HfK Bremen

Was für ein Spaß wird da mit konzentriertem Ernst vorbereitet! Hochnäsige Neureiche, verarmte Adelige, liebestolle Jugendliche treten auf, feiern Verwechslungen, Intrigen, Geheimnisse, lauschen an Türen, verzweifeln und erblühen happy am Ende: „Il matrimonio segreto“ des Neapolitaners Domenico Cimarosa ist das Musterbeispiel einer Opera buffa, oder Dramma giocoso – wie die Italiener sagen. Neben Mozarts Werken ist dies die einzige Lustspieloper aus dem 18. Jahrhundert, die bis heute ab und an mal im Repertoire europäischer Bühnen auftaucht – und jetzt das erste Opernprojekt der HfK Bremen, das im Veranstaltungssaal des Speichers XI A zu erleben sein wird. Premiere: 15. Februar 2024, 19:30 Uhr. 

40 Studierende haben bereits am 22. Januar die Proben mit ihren Instrumenten aufgenommen, drei Tage später kommen die Sänger:innen dazu. Dirigent Marco Comin versucht alle Studierenden bestens hörbar zu machen und einen Zusammenklang zu entwickeln. Der Venezianer hat in seiner Heimatstadt am Conservatorio di Musica „Benedetto Marcello“ Klavier und Komposition studiert sowie an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin ein Dirigierstudium abgeschlossen, war unter anderem 2012 bis 2017 Chefdirigent des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München und arbeitet seither frei als Opern- sowie Konzertdirigent. Im Bremer Theater am Goetheplatz stand er etwa bei Verdis „Un ballo in maschera“ und Händels „Alcina“, für die Bremer Philharmoniker aber auch in der „Glocke“ am Pult. Nun in der Überseestadt. 

„Es ist mein erstes Projekt als Dirigent mit einem Hochschulorchester“, sagt Comin. Für ihn als Profimusiker sei es geradezu eine „Verpflichtung, jungen Musiker:innen zu helfen, das eigene Wissen und Können weiterzugeben“. Was aber auch ihn wachhalte, weil er im Austausch der gemeinsamen Arbeit vieles von dem, was ihm selbstverständlich geworden sei, wieder neu entdecke. Vor allem das soziale Phänomen Musik, aufeinander zu hören und darauf im Sinne des guten Gesamtklangs zu reagieren. Gerade auch in der hohen Kunst der Begleitung des Gesangs, dem die Musiker:innen ihre Phrasierung angleichen, mitatmen. Den Enthusiasmus schüren, dass dieses Gemeinschaftserlebnis der Anlass ist, noch intensiver zu arbeiten und sich noch mehr in die Musik zu verlieben, das möchte Comin erreichen. Und er freut sich, dafür ein paar mehr Proben zu haben, als es etwa für eine Opernproduktion am Stadttheater üblich ist.

Für den Dirigenten hat „Il matrimonio segreto“ eine Sonderstellung. „Es ist ganz klar keine Barockoper mehr, sondern ein Werk der Klassik, an der Schnittstelle von spätem Mozart und frühem Beethoven, also dem Übergang zur Romantik, sowie ein Bindeglied zu den italienischen Belcanto-Opern – als Vorläufer von Rossini und Donizetti.“ Als wäre sie von diese beiden, betrachtet aus der Optik der Romantik, würde die Partitur häufig erklingen, erzählt Comin. Gegen diese interpretatorische Tradition möchte er an der HfK Bremen eine frische, neue Version erarbeiten und das Pathetische, Lyrische, Komische mit Charme und großer Lebendigkeit hörbar machen. Historisch informiert sei die Aufführungspraxis, mit Klassik-Instrumenten würde gespielt. 

Da zur Uraufführungszeit, 1792, bei Opernaufführungen gegessen, gequatscht, Karten gespielt wurde, machte es nichts, wenn im Hintergrund die Darbietung mehr als drei Stunden dauerte. Aufgrund der heutigen Rezeptionshaltung haben Comin und Regisseur Gregor Horres das Werk nun gekürzt. Präziser könnte so vielleicht auch der derbkomische, an der Commedia dell'Arte geschulte Charakter des Werks funktionieren. Comin schätzt, dass dort lebendige Menschen in aller Doppelbödigkeit zu erleben sind, unter der netten Oberfläche lauere das Feuer. Was sich auch in der Partitur zeige. In einer Szene zicken sich Frauen übel an, werden feurig böse, aber die Musik verliert nie die Form, bleibt raffiniert und galant. Schwereloser Wohlklang. 

Inhaltlich sei die Oper aus einer fernen Zeit, was Kostüme und Inszenierung verdeutlichen müssten, so Comin. Dass dem Titel „Il matrimonio segreto“ entsprechend ein Paar nicht einfach heiratet, weil es das liebend will, sondern auf eine arrangierte Ehe zu warten hat, sei heute ja nicht mehr vorstellbar. Man könnte die Handlung aber doch in eine streng religiöse Familie transferieren, wo Töchter sich ihren Ehemann nicht aussuchen dürfen? Comin: „Ja, aber das wäre politisch nicht korrekt.“ Ebenfalls falsch erscheint Comin, das Werk zu sehr in der Nähe von Mozarts frivolem „Figaro“ zu verorten, der aufgeklärten Kritik an patriarchaler Macht von scheinheiligen Gottesgnaden. Cimarosa zeichnet zwar ein ironisches Sittenbild seiner Zeit, „ist als Kind des Ancien Régime aber kein Revolutionär wie Mozart“, sagt Comin. Situationskomik regiert. Ein temporeicher Spaß soll es werden.

Aufführungen des Opernprojekts finden statt am 15., 17. und 19. Februar 2024, jeweils 19:30 Uhr, im Speicher XI A der Hochschule für Künste Bremen.

  • Sänger:innen der HfK Bremen
  • Orchester der HfK Bremen
  • Musikalische Leitung: Marco Comin
  • Bühne/Kostüme: Heike Neugebauer
  • Regie: Gregor Horres