destination unknown_ Wo wollen wir hin?
Seit dem 3. Juli zeigt die HfK Bremen im Bremer Rathaus überwiegend prämierte ArbeitenSeit dem 3. Juli zeigt die HfK Bremen im Bremer Rathaus überwiegend prämierte Arbeiten von Studierenden und Absolvent*innen. Die Exponate aus den Fächern Design, Kunst, Digitale Medien und Musik zeigen die Bandbreite dessen, was die jungen Bremer Künstler*innen im Rahmen ihres Studiums schaffen.
Am 20. Juli haben wir Besucher*innen gefragt: "Welche Eindrücke nehmen Sie aus dieser Ausstellung mit?"
Die Arbeiten
Zum Beispiel Produktdesign und ausgiebige Materialstudien zur optimalen Herstellung eines 4D-Druck-Schuhs: Das spart Verpackungsmaterial und ermöglicht gleichzeitig nachhaltigeren Transport und Lagerung (Mariandreina Baasch „Print and Pops!“). Eine andere Arbeit widmet sich der jüngeren Bremer Geschichte und wirft dabei aktuelle Fragen auf: ECK80 heißt das originalgetreu nachgebaute Geländer, das früher am Sielwall-Eck im Bremer Viertel zu finden war. „Wer sich erinnert, war nicht dabei!“, heißt es in der Beschreibung des Künstlers Elard Lukaczik. Die Arbeiten sind einerseits in ihrer Ausgestaltung sehr unterschiedlich – von bewegten Bildern und Fotografien über Bücher, Drucke, Möbel und Chipkarten für soziale Interaktionen –, gleichzeitig zeugen sie von den unterschiedlichen künstlerischen Persönlichkeiten. Die eine Arbeit ist persönlich und leise, die nächste ist explizit gesellschaftskritisch, eine andere wieder abstrakt und poetisch.
Fotos: Lukas Klose
Die HfK in der Stadt
Die HfK Bremen stellt im Rahmen dieser Ausstellung mehr als die Arbeiten der Studierenden aus – sie präsentiert sich der Stadt und den Besucher*innen. Unter der Frage „Wo wollen wir hin?“ haben sich die Organisator*innen der Ausstellung mit den Themen beschäftigt, die die Hochschule als Ganzes und die Studierenden im Besonderen bewegen, und Bezüge zu Bremen und zur Gesellschaft dargelegt. Das Ausstellungsformat ist eine Besonderheit für die Hochschule: Die beiden Fachbereiche der HfK haben sich für dieses Projekt zusammengetan: der Fachbereich Kunst und Design, der seinen Standort im Speicher XI in der Überseestadt hat, und der Fachbereich Musik, der seinen Sitz ganz zentral nahe des Schnoors hat. Intern sind die Weichen an der HfK schon lange auf Interdisziplinarität gestellt, für die Öffentlichkeit bleibt das Zusammenspiel der Disziplinen aber vielfach unsichtbar. Durch die Exponate und das Programm in der Unteren Rathaushalle wird die Interdisziplinarität der Hochschule sichtbar gemacht.
Die Ausstellung
Auch in der Unteren Rathaushalle ist die HfK als Ganzes seh- und hörbar. Es sind dort Arbeiten aus beiden Fachbereichen zu sehen, zu hören und zu entdecken. Samstags gibt es darüber hinaus Konzerte sowie Radio-Sessions live und direkt von Radio Angrezi, einem offenen Kollektiv von Studierenden der HfK und auch der Universität Bremen. Radio Angrezi entstand als studentisches, interdisziplinäres Projekt an der HfK und ist unter anderem regelmäßig auf Radio Weser.TV zu hören. Das Kollektiv versteht den Sender als Plattform, die sich keinesfalls auf die Hochschule beschränkt. In den vier Sendungen, die aus der Rathaushalle samstags von 16 bis 18 Uhr ausgestrahlt werden, suchen sie aktiv den Dialog mit Besucher*innen, aber auch mit Anrufer*innen. Es geht darum, in Dialog zu treten, Themen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und Fragen zu stellen. Das alles mit einer Mischung aus Gesprächen, Interviews, Musik und anderen Interventionen – und nicht selten mit einem Augenzwinkern.
Reaktionen in der Öffentlichkeit
Die Ausstellung in der Unteren Rathaushalle läuft seit dem 3. Juli, und die Kurator*innen mussten direkt lernen, dass eine breite Öffentlichkeit ein anderes Publikum ist als die sonst gewohnten Ausstellungsbesucher*innen. Die preisgekrönte Arbeit „It’s time for Utopia – Ansichten von Gut und Böse“ war vielen Besucher*innen zu brutal. In Videosequenzen projiziert die Künstlerin Sue Wendlandt darin Ausschnitte aus Gewaltvorfällen. In ihrer Publikation beschäftigt sie sich mit der Bedeutung von „Gut“ und „Böse“ in unserer Gesellschaft, interviewte dafür einen Strafverteidiger, einen Kriminalpsychologen, einen Sozialarbeiter, eine Schulleiterin, einen Pastor und diverse andere Personen. Die Filmsequenzen haben im Rahmen dieser sensiblen Arbeit ihre innere Logik. Von der Jury wurde sie bei der Preisvergabe des Hochschulpreises 2019 unter anderem dafür gelobt, sich dem Thema Gewalt anzunähern, ohne voyeuristisch zu wirken. Für die Ausstellung in der Unteren Rathaushalle mussten nach der Eröffnung Filmsequenzen herausgeschnitten werden, da die in den Videos gezeigten gewaltsamen Szenen für Kinder und Jugendliche unter 16 nicht geeignet sind.
Ein Grund für kritischen Gesprächsstoff. Und genau der Grund, warum es wichtig ist, dass die Arbeiten der jungen Bremer Künstler*innen auf ein breites Publikum treffen. Einerseits für die Künstler*innen, für die eine breite Resonanz immer wichtig ist. Andererseits für die Öffentlichkeit, für die die aufgeworfenen Fragen immer auch eine Einladung zum Weiterfragen, Reden und Denken sind. „Wo wollen wir hin?“ ist eine direkte Aufforderung, miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Exponate zeigen, auf wie vielen Ebenen man sich dieser Frage annähern kann und wie die Künste sich durch alle Lebensbereiche ziehen: vom Lieblingssessel bis zur Kritik an Machtverhältnissen und vom Schuhkauf bis hin zu sozialen Netzwerken.
Das Programm
Die HfK-Ausstellung „destination unknown_ Wo wollen wir hin?“ in der Unteren Rathaushalle Bremen läuft bis einschließlich Samstag, den 10. August 2019. Öffnungszeiten: Montag bis Samstag, 11 bis 18 Uhr. Programm jeden Samstag, 16 bis 18 Uhr: Radio Angrezi Live-Session, 17 Uhr: Konzerte.