Fundstücke aus der Musikbibliothek
Vorgestellt von Veronika Greuel, BibliotheksleiterinFundstück Februar 2025
Vieles kommt auf verschlungenen Wegen in die Bibliothek der Hochschule für Künste im Fachbereich Musik, landet durch Privatpersonen als Schenkung im I. Stock des Gebäudes und wird dort von der Sammlerin bewahrt.
Eigentlich ist es ein kleines Stück Papier, noch dazu nur eine Kopie, aber in ihrer Größe von knapp 15 x 19 cm fällt sie doch ins Auge. Es handelt sich um ein Zeitdokument, eine Anzeige in Schwarz-Weiß, viel Druckerschwärze ist verwendet worden, um das Dargestellte, in dem Fall weiß auf schwarz, zu präsentieren.
Es geht um bewegte Berliner Geschichte, ungefähr bis in die Zeit des „Groß-Berlin-Gesetzes“, wo seit 1920 mit Eingemeindungen 20 Verwaltungsbezirke gebildet und Berlin als Ganzes, als Großstadt, überhaupt geformt wurde. Die Königliche Hausbibliothek Berlin spielt bei dem Fundstück eine entscheidende Rolle. Der Bibliothekar König Friedrich Wilhelms IV., Charles Duvinage, regte an, eine Hausbibliothek der Hohenzollern anzulegen, gesagt, getan: König Wilhelm I. verfügte 1862/63, mit dem Bestand des Vorgängers zu beginnen, immerhin ist von 20.000 Bänden die Rede. Man startete mit der Verortung in den Räumlichkeiten der einstigen Kunstkammer des Berliner Schlosses. Bald kamen die Musikalien aus dem Besitz Friedrichs des Großen und auch Friedrich Wilhelms II. aus Schloss Sanssouci und dem Neuen Palais dazu, es folgte 1865 der Bestand von Königin Luise und aus dem Königlichen Palais, dem Kronprinzenpalais, der Anteil Friedrich Wilhelms III., wenige Jahre später bereichert durch die Schätze Friedrich Wilhelms II., aus dem Berliner Schloss.
Die Zusammenführung verschiedener Sammlungen der einzelnen Hohenzollern setzte sich fort. Der Kunsthistoriker und Bibliothekar Robert Dohme betrieb 1874 die Verlegung der Bibliothek in den ersten Stock des ansehnlichen Spreeflügels des Berliner Schlosses. Weitere Nachlässe Friedrichs des Großen aus Potsdam und Breslau (Schlesische Kriege) kamen dazu, ebenso 1897 die Bücher Friedrich Wilhelms II. aus der sogenannte Gotischen Bibliothek im Neuen Garten in Potsdam. Erwähnenswert auch die Sammlung aus Schloss Montbijou, dem „Kleinod“ (seit 1877 Hohenzollernmuseum), die 1899 integriert wurde.
Das Zentralisieren der Bestände am besagten Ort im Berliner Schloss führte bald an seine Grenzen. 1906 sah man sich gezwungen, aus räumlichen Engpässen einiges in den Neuen Pavillon des Schlossparkes Charlottenburg zu translozieren (aus klimatischen Bedingungen 1923 rückgängig gemacht). Immerhin wurde es seit 1902 möglich, Öffnungszeiten für „jeden Gebildeten“ anzubieten, so sind in den Akten Angaben über drei bis fünf Stunden vormittags verzeichnet.
Die politische Weltlage führte ab Kriegseintritt 1914 zu Veränderungen, Engpässen und großen Verlusten: Die Königliche Hausbibliothek bot eine Sammelstelle an der Behrenstraße 41 an, dort sollten Bücher zur Verfügung gestellt werden, um Feld- und Lazarettbibliotheken zu bestücken, so die Chronik der Institution. Darüber hinaus kommt nun auch die oben erwähnte Anzeige ins Spiel. Das Fundstück dokumentiert, dass es zusätzlich auch um die Entgegenahme von „Musikalien“ für Soldaten ging: Gewünscht sind Noten, besonders „Männerchöre, Klavier-Albums, Musik für Violine, Zither, Guitarre, sowie Militärmusik und Salonorchester“. Die Anlieferadresse ist angegeben mit Notenspendenabteilung der Königlichen Hausbibliothek, Berlin mit der Adresse C 2, Königliches Schloss. Die präferierten Materialien entsprechen dem Zeitgeschmack um die Jahrhundertwende: dazu zählt eine Vorliebe für Männerchöre und die aufbauend-unterstützende Militärmusik. Der Wunsch nach Noten für Salonorchester gilt mehr der Entspannung und Unterhaltung. Dazu gehören Bearbeitungen von Sätzen klassischer Musik für großes Salonorchester, aber auch die reduzierten Fassungen, die mit Klavierdirektion oder einem Stehgeiger und weiteren Instrumentalisten aufgemöbelt werden konnten. Von England kam die Mode des geselligen Beisammenseins zum „Tanztee“. Auch dafür lieferten Verlage Jahrzehnte lang Repertoire, was gerne an bestimmten stilistischen Musikwünschen ausgerichtet war, z. B. „Tanztee mit Cole Porter“.
Aufgrund der Weltkriege, aber auch der politischen Schachzüge des SED-Regimes sind große Verluste in der Bevölkerung zu beklagen. Zusätzlich wurden auch Gebäude wegen ideologischer Vorbehalte aufgegeben: Das Berliner Schloss wurde 1950/51 gesprengt und Schloss Montbijou 1959 abgerissen. Nicht alle ausgelagerten Bestände kamen wieder nach Berlin zurück.