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Verabschiedung von Professor Peter Bialobrzeski

Nach 19 Jahren Lehrtätigkeit an der HfK: Verabschiedung von Professor Peter Bialobrzeski

Peter Bialobrzeski, geboren 1961 in Wolfsburg, ist einer der bekanntesten und international erfolgreichsten deutschen Fotografen der Gegenwart. Als Professor und Autor suchte er stets die theoretische Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie und setzte hier wesentliche Akzente. Mit seiner Kamera beschreibt und interpretiert er beharrlich die Welt. Seine Arbeiten bewegen sich im Grenzbereich von Dokumentarfotographie und künstlerischem Statement. Laut der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) gehören die komplexen Ergebnisse, wie „Neontigers", Heimat" oder „Lost in Transition", schon jetzt zu modernen Klassikern des Mediums.

Nach einem Studium der Politik und der Soziologie arbeitete Bialobrzeski zunächst in den achtziger Jahren in seiner Geburtsstadt Wolfsburg als Lokalreporter und Fotojournalist. Bereits damals unternahm er ausgedehnte Reisen durch Asien, wo er sich nach eigenen Angaben mehr zu Hause fühlt als in Europa (siehe Interview Bialobrzeski mit Berlin Art Link). Seine Faszination für die Mega-Citys Asiens spiegelt sich in vielen seiner Arbeiten wieder.

Ende der achtziger Jahre folgte der Entschluss ein künstlerisches Studium anzutreten - an der Folkwang Universität der Künste in Essen begann er ein Studium in Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie. Von 1991 bis 1992 ging Bialobrzeski für ein Jahr für ein Auslandsstudium nach London, um sein Studium am London College of Communication abzuschließen. In seiner dort entstandenen Diplomarbeit wollte er die Verhältnisse, in denen die Briten zu dieser Zeit lebten, und die Unterschiede zwischen den Schichten fotografisch festhalten. Die Aufnahmen veröffentlichte Bialobrzeski jüngst in seinem Fotoband „Give My Regards to Elizabeth" (2020).

Peter Bialobrzeski zu Gast beim Podcast Nearest Truth

Seit 1989 wurden seine fotografischen Arbeiten in namhaften internationalen Magazinen und Zeitschriften wie Stern, Telegraph Magazine, ZEIT Magazin, New York Times und GEO publiziert. Seit 1994 ist er Mitglied der unabhängigen Bildagentur laif in Köln. Neben der journalistischen Arbeit für Magazine wie GEO wandte er sich Ende der 1990er Jahre vermehrt eigenen Projekten zu und begann diese in Buchform zu publizieren. Seine Fotobücher und Ausstellungen finden seit Anfang des Jahrtausends große Beachtung. Für "Neontigers", sein schillerndes Portrait asiatischer Megastädte, gewann er 2003 den World Press Photo Award und schaffte so international den Durchbruch.

2010 gewann Bialobrzeski einen weiteren World Press Photo Award für seine in Jakarta, Indonesien entstandene Arbeit „Paradise Now". Seine Bücher wurden mehrfach gewürdigt, unter anderem mit dem „Deutschen Fotobuchpreis" sowie der Auszeichnung „Eins der schönsten deutschen Bücher" Bialobrzeskis Fotografien sind in Einzel- und Gruppenausstellungen auf allen fünf Kontinenten gezeigt worden. Die Galerien Lothar Albrecht in Frankfurt/M., Robert Morat in Hamburg und Laurence Miller in New York, sowie m97 in Shanghai vertreten seine großformatigen Arbeiten auf dem internationalen Kunstmarkt.

Aus der Pressemitteilung der DGPh zur Preisverleihung des Dr.-Erich-Salomon-Preises 2012:

„Peter Bialobrzeski lebt in Hamburg und arbeitet rund um die Welt an seinen zahlreichen Projekten, in deren Mittelpunkt die Globalisierung der Urbanisierung steht. Dabei ist ihm gesellschaftliche Relevanz genauso wichtig wie die ästhetische Verführung. Seine überwältigenden Bildfindungen einer sich rasant verändernden Welt faszinieren und verstören zugleich. Dazu schrieb der Essayist Michael Glasmeier: „Bialobrzeski arbeitet der Schnelligkeit entgegen. Seine menschenleeren Photos zeigen uns exakt jenen Zustand einer urbanen Gegenwart zwischen Ruine und Neudefinition, zwischen Nichtvorherbestimmtsein und Baustelle." Und die Kritikerin Vicki Goldberg resümierte in der New York Times: „Peter Bialobrzeskis Photographien geben der Globalisierung und dem unsichtbaren, aber mächtigen Geflecht, das unser Umfeld bildet und gewissermaßen unser Leben bestimmt, ein strahlendes, mondänes Gesicht. "Auch wenn Menschen auf seinen Bildern nur selten zu sehen sind, so geht es doch immer um sie. Um die Art, wie sie leben und wie sie die Welt verändern oder die Welt sie verändert. Dabei weist der Photograph ein aus seiner Sicht nicht einlösbares missionarisches Versprechen von sich und sieht sich eher als Archivar in einer Ära der ständigen Veränderung. Er ist daran interessiert, wie die Dinge von heute als Vergangenheit aussehen, will sich im wahrsten Sinne des Wortes selbst ein Bild machen, die Deutung jedoch dem Betrachter überlassen. Hier steht er in der Tradition eines Walker Evans, zu dem er Bezüge sieht oder Bernd und Hilla Becher, von denen er sich aber in seiner photographischen Pracht und künstlerischen Intendierung deutlich abgrenzt. Zu Recht verweist Bialobrzeski darauf, dass Authentizität von Photographie immer nur bildimmanent sein kann."

 

Parallel zu seinem fotographischen Werk profilierte Bialobrzeski sich auch als Hochschullehrer. Nach einer Vertretungsprofessur „Bildjournalismus" an der Universität Essen von 1998 bis 1999 und einem weiteren Lehrauftrag ebenda wurde er 2002 zum Professor für Fotografie an der Hochschule für Künste Bremen berufen. Darüber hinaus ergänzt er seine Lehrtätigkeit immer wieder mit Workshops im In- und Ausland.

Als Professor für Stilles Bild an der HfK motivierte er die Studierenden zu eigenständigen Gestalter*innen sprechender Bilder. Für Bialobrzeski bedeutet ein Fotografiestudium nicht nur, eine Kamera professionell betätigen zu lernen, sondern auch, die Geschichte der Fotografie zu kennen und daraus eigene Konzepte zu entwickeln. Dies setzt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Motiv sowie Präzision voraus. Peter Bialobrzeski prägte das Fotografiestudium an der HfK wesentlich mit seiner Ästhetik und initiierte und begleitete zahlreiche Projekte. Auf Studienreisen nach Minsk, Kairo, Norderney, Sarajevo, um nur einige zu nennen, half er den Studierenden zu ihrer eigenen fotografischen Sprache und Position. Insgesamt bereitete er als Professor an der HfK zahlreiche junge Menschen erfolgreich auf ihr berufliches Leben mit der Fotografie vor. In diesem Jahr (2021) verlässt Bialobrzeski die HFK. Die Ausstellung in der Galerie Mitte wird zugleich eine Würdigung seiner Zeit als Lehrender.

In den frühen 1990er-Jahren verbrachte Peter Bialobrzeski ein Jahr am London College of Communication, dort fotografierte er unter anderem die Serie „Give My Regards to Elizabeth". Sie war Teil seiner Abschlussarbeit an der Folkwangschule, ein Unikat in Buchform, analog mit Original-Fotografien. 2020 ist die Arbeit bei Hartmann Books auch gedruckt erschienen – und die Originalabzüge hängen bis 25. Juni 2021 in der Galerie Mitte. Am Dienstag, den 22. Juni um 19 Uhr, ist Peter Bialobrzeski im Künstlergespräch mit dem Kurator der Weserburg Ingo Clauß.

Der Besuch der Ausstellung ist per Anmeldung möglich! Maximal fünf Personen aus zwei Haushalten dürfen gleichzeitig vor Ort sein. An Dienstagen, zwischen 10 und 12 Uhr, führt Peter Bialobrzeski selbst durch die Ausstellung. Bitte melden Sie sich an über: kontakt@galeriemitte.eu

Zu aller Bedauern konnte die Eröffnung der Ausstellung am 31. März 2021 coronabedingt nur auf Abstand im privaten Rahmen stattfinden. Deswegen haben wir sie gefilmt, damit jede*r daran digital teilhaben kann. Für die Galerie Mitte sprach Detlef Roth im Namen von Ele Hermel, gefolgt vom HfK-Rektor Roland Lambrette, Sandy Volz, ehemalige Studentin von Peter Bialobrzeski, sowie Andrea Rauschenbusch, Professorin im Masterstudio Kultur und Identität.

Video: Lukas Klose

Peter Bialobrzeski ist einer der bekanntesten und international erfolgreichsten deutschen Fotografen der Gegenwart. Als Professor für Fotografie an der Hochschule für Künste Bremen (HfK) prägte er das Fotografiestudium an der HfK wesentlich mit seiner Ästhetik und initiierte und begleitete zahlreiche Projekte. Nach 19 Jahren Lehrtätigkeit verlässt Peter Bialobrzeski nun die HfK. Der Weser Kurier berichtet anlässlich seiner Abschiedsausstellung in der Galerie Mitte über ihn und seine Zeit in Bremen.

Zum Artikel im Weser Kurier, 31.3.2021, Simon Wilke

Die Materialien zu seinen Arbeiten „Paradise Now", „Case Study Homes" und „The Raw and the Cooked" trug Peter Bialobrzeski während seines Forschungssemesters 2007/2008 zusammen. Für die in Jakarta, Indonesien entstandene Arbeit „Paradise Now" gewann er 2010 einen World Press Photo Award.

Paradise Now

Case Study Homes

The Raw and the Cooked

Im Jahr 2002 wurde Peter Bialobrzeski zum Professor für Fotografie an die Hochschule für Künste berufen. Er prägte das Fotografiestudium an der HfK wesentlich mit seiner Ästhetik und initiierte und begleitete zahlreiche Projekte. Auf Studienreisen nach Minsk, Kairo, Norderney, Sarajevo, um nur einige zu nennen, half er den Studierenden zu ihrer eigenen fotografischen Sprache und Position. Außerdem leitete er gemeinsam mit Prof. Andrea Rauschenbusch das HfK Masterstudio Kultur und Identität

Masterstudio Kultur und Identität

Bild und Text als kulturelle Praxis

Der Dialog von Bild und Text bildet im HfK Masterstudio Kultur und Identität die Grundlage zur kritischen Untersuchung und Entwicklung ästhetischer Strategien der Fotografie und visuellen Kommunikation. Die experimentelle und forschende Grundhaltung des Studios diskutiert und erarbeitet künstlerische Strategien, ästhetische Qualitäten und visuelle Konzepte, die sich mit Formen der Narration, der Verständigung und des Publizierens beschäftigen – vom Künstler*innenbuch bis zur Unternehmenskommunikation.

Durch übergreifende, auch interkulturelle Problemstellungen, erfahren sich die Studierenden in Einzel- wie Teamarbeit als selbst- bestimmte Gestalter*innen und Fotograf*innen, die ihre Fähigkeiten und Haltungen in sozialen, politischen und ökonomischen Kontexten reflektieren und sich einzubringen wissen. Im Wechselspiel zwischen ideeller, konzeptueller und praktischer Arbeit sollen eigenständige Forschungsprojekte und Case Studies entstehen.

Einblicke in aktuelle Projekte und Arbeiten finden Sie auf der Website des Masterstudios Kultur und Identität.

Minsk – Fotografien aus Belarus Ausstellung und Publikation

2018 noch Terra Incognita für viele Westeuropäer*innen, heute aufgrund der derzeitigen politische Geschehnisse in aller Munde. Belarus ist ein Land, in dem die Geringschätzung von Pressefreiheit und Menschenrechten allgegenwärtig ist.

Eine Gruppe Studierender des Masterstudios Kultur und Identität der Hochschule für Künste Bremen ist für eine Exkursion im April 2018 unter der Leitung von Prof. Andrea Rauschenbusch und Prof. Peter Bialobrzeski in die Hauptstadt Minsk gereist, um sich ihr eigenes Bild zu erarbeiten. Insgesamt sind zehn individuelle Positionen, acht fotografische und zwei Bild-Text Arbeiten entstanden, die sich mit verschiedenen Lebensrealitäten in und um Minsk befassen.

Einige der Arbeiten setzten sich bereits vor zwei Jahren kritisch mit dem politischen Regime des autoritär und repressiv regierenden Machthabers Lukaschenko auseinander und sind in Anbetracht der anhaltenden Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef aktueller denn je.

Minsk Минск Мінск setzt sich mit dem alltäglichen Leben zwischen traditionellen Werten und herrschender Realität auseinander. Die Arbeiten wurden 2019 in der Galerie Mitte ausgestellt und in der gleichnamigen Publikation präsentiert.

Calcutta, Chitpur Road Neighborhoods – The Kolkata Heritage Photo Project (2006)

Im Kalkutta des 19. Jahrhunderts bildete sich unter der Herrschaft der British East India Company eine wirtschaftlich potente, indische Elite, die sich in einem oft eklektisch anmutenden Stilmix zwischen traditioneller Mogularchitektur und klassizistischen Elementen die bengalische Variante der Fabrikantenvilla errichtete. Heute sind die einstmals großartigen Villen und Paläste nur ein Schatten ihres früheren Selbst. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die letzten steinernen Zeugen eines ehemals glanzvollen bengalischen Großbürgertums für immer verschwinden. 21 Fotografiestudent*innen von der Hochschule für Künste Bremen unter der Leitung von Peter Bialobrzeski haben als "Kolkata Heritage Photo Project" die verschwindende, bröckelnde Pracht dieses unvergleichlichen kulturellen Erbes fotografisch festgehalten.

Modemagazin AUS

Projekt in Zusammenarbeit mit Prof. Andrea Rauschenbusch und Prof. Ursula Zillig (2015)

Nur wer sich seiner selbst gewiss ist, zieht AUS und findet neue Wege. Das Magazin AUS der Hochschule für Künste Bremen bezieht Position im Miteinander von Mode und Fotografie, Philosophie und Grafik. AUS handelt vom Eigensinn und Draußensein – lebensnah, verstörend und vertraut. AUS stellt die Arbeiten junger Gestalterinnen und Gestalter vor, deren Mode von Fotografinnen und Fotografen aus subjektiver Perspektive interpretiert wurde. Sie findet ihre Entsprechung in der Grafik, trifft sich mit Richard Buckminster Fuller oder zieht mit Henry David Thoreau in den Wald. Assoziationen rufen neue Bilder hervor. Das Material entwickelt ein Eigenleben, entfaltet sich und wird zum Medium. AUS ist ein Dialog zwischen den Disziplinen.

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