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Mittwoch | 12. April 2023

Spurensuche in der deutsch-deutschen Geschichte

Das H.-A.-Bockmeyer-Reisestipendiums 2023 geht an HfK-Studentin Hanna Stijnen

Eine Pressemitteilung von Jens Fischer

© Keita Morita

Die H.-A.-Bockmeyer Stiftung unterstützt jährlich ein künstlerisches Reiseprojekt mit 3.000 Euro. Studierende aus den Bereichen Freie Kunst, Integriertes Design und Digitale Medien an der Hochschule für Künste (HfK) Bremen können sich dafür bewerben. Unter den vielen Einsendungen hat die Jury in diesem Jahr Hanna Stijnen, Jahrgang 1997, ausgewählt. Sie studiert seit dem Wintersemester 2020 Freie Kunst auf Diplom. Ihr Reiseprojekt trägt den Titel „Statt Der Zukunft“. Entstehen soll ein Essay-Film, dessen Uraufführung für die HfK-Hochschultage 2024 geplant ist.

Noch in diesem Jahr will Hanna Stijnen ihre künstlerische Forschungsreise antreten und zwar konkret in Chemnitz auf Spurensuche in der deutsch-deutschen Geschichte gehen. Im Fokus liegt hierbei die subjektive Wahrnehmung der im niederländischen Arnheim aufgewachsenen Künstlerin, die selbst in den späten 2010er Jahren in Chemnitz studiert hat. Auseinandersetzen wird sich Stijnen mit der Vergangenheit der sächsischen Stadt zu Zeiten der DDR wie auch mit den durch die Wiedervereinigung hervorgerufenen Veränderungen und Verwerfungen, die sich bis heute auf die Gegenwart auswirken und denen sie fremd gegenübersteht. Bilder der Stadt, die das Citymarketing entwirft, will Stijnen mit eher verdeckt gehaltenen Themen wie den Leerständen filmisch kontrastieren und dabei Möglichkeiten sowie Freiräume der aktuellen Situation erkunden. Hierfür wird Video-Archivmaterial vor Ort recherchiert und durch eigene aktuelle Aufnahmen ergänzt. 

Der Jury für das Bockmeyer-Stipendium gehören an: Dr. Mona Schieren (HfK-Professorin für Transkulturelle Kunstwissenschaften), Dr. Klaus Martin (Vorstand Bockmeyer-Stiftung), Gerhard Himmel (Vorstand HfK-Freundeskreis) und Dr. Andrea Sick (HfK-Professorin für Medientheorie, Kultur- und Mediengeschichte). Alle zusammen begründen ihre Entscheidung für Hanna Stijnen mit dem „künstlerisch überaus interessanten Ansatz, die Stadt filmisch unter dem Blickwinkel sich überschneidender Perspektiven von Selbsterfahrung, Fremdwahrnehmung über verschiedene Zeiträumen hinweg zu ergründen und mit der eigenen Wahrnehmung abzugleichen“. Hierbei entstünden Fragen, „was eine Stadt eigentlich ausmacht, wie sie individuell in verschieden Lebensabschnitten und historischen Epochen bewertet wird, wo vermeintliche Schwächen und ebenso vermeintliche Stärken liegen, die sich je nach Position des Betrachtenden verschieben, ergänzen oder Irritationen erzeugen. Fragen/Aspekte von transgenerationaler Erinnerung werden ebenso thematisiert wie das Erinnern der Dinge und Stadtlandschaften selbst.“

Auch die geplante Archivarbeit überzeugte die Jury von dem Vorhaben. „Nicht zuletzt natürlich auch das immer noch aktuelle Thema der Teilung und der Wiedervereinigung Deutschlands und der Umgang mit den hieraus resultierenden tatsächlichen und angenommenen Unterschieden, die nicht selten Unverständnis und Abwehr auf verschiedenen Seiten hervorrufen. Somit beleuchtet dieses Projekt auch die gesellschaftliche relevante Frage, welche Auswirkungen die Teilung und die Wiedervereinigung bzw. eine Einteilung nach Ost und West bis heute haben und wie eine neue Generation mit dieser Geschichte heute und in Zukunft umgehen wird.“